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Überblick über die verschiedenen Formen der Organschaft im Steuerrecht
Organschaft im Steuerrecht | Welche Arten der Organschaft gibt es?

Überblick über die verschiedenen Formen der Organschaft im Steuerrecht

Im Steuerrecht gibt es drei Arten der Organschaft:

  1. Körperschaftsteuerliche Organschaft
  2. Gewerbesteuerliche Organschaft
  3. Umsatzsteuerliche Organschaft

Der vorliegende Beitrag befasst sich überwiegend mit der körperschaftsteuerlichen Organschaft.

Hintergrund der körperschaftsteuerlichen Organschaft

Eine körperschaftsteuerliche Organschaft ist häufig in Konzern- bzw. Unternehmensverbänden vorzufinden. Die körperschaftsteuerliche Organschaft empfiehlt sich dort, wo Verluste einer Tochtergesellschaft mit Gewinnen des Mutterunternehmens „verrechnet“ werden sollen.

Die Wirkungsweise bzw. Folgen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft soll durch folgendes vereinfachtes Beispiel verdeutlichen:

Die M-GmbH ist zu 100 % an der T-GmbH beteiligt. Die T-GmbH erwirtschaftet steuerliche Verluste in Höhe von TEUR 100. Die M-GmbH erwirtschaftet steuerliche Gewinne in Höhe von TEUR 500. Mithilfe der körperschaftsteuerlichen Organschaft werden nun die Verluste der T-GmbH auf die M-GmbH hochgeschleust. In der Folge vermindert sich die Besteuerungsgrundlage bei der M-GmbH von bisher TEUR 500 auf nun TEUR 400.

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Die M-GmbH ist Organträger; die T-GmbH ist Organgesellschaft.

Vorteile der körperschaftsteuerlichen Organschaft

  • Der Gewinn- bzw. der Verlust der Organgesellschaft wird dem Organträger zugerechnet. Somit können bspw. Gewinne des Organträgers mit Verlusten der Organgesellschaft verrechnet werden.
  • Es können auch Gewinne einer Organgesellschaft mit Verlusten einer anderen Organgesellschaft auf Ebene des Organträgers verrechnet werden.
  • Gewinne bzw. Verluste aus Konzerninternen Geschäftsvorfällen werden durch die körperschaftsteuerliche Organschaft eliminiert. Dadurch entfällt in weiten Teilen die Relevant von verdeckten Gewinnausschüttungen im Organkreis.
  • Zurechnung des Einkommens (evtl. auch mehrerer) Organgesellschaften beim Organträger ohne dass Umstrukturierungen in Form von Verschmelzungen erforderlich sind. Dadurch entsteht keine Grunderwerbsteuer wie dies unter Umständen bei einer Verschmelzung der Fall wäre.

Nachteile der körperschaftsteuerlichen Organschaft

  • Die Organgesellschaft bleibt Steuersubjekt. Die Organgesellschaft muss daher Aufzeichnungen und Bücher führen und der jährlichen Steuererklärungspflicht nachkommen
  • Die Organgesellschaft ist als juristische Person zur Rechnungslegung verpflichtet und muss daher grundsätzlich jährlich eine Bilanz erstellen.
  • Der Organträger verpflichtet sich zivilrechtlich zur Verlustübernahme

Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung der körperschaftsteuerlichen Organschaft

Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht entsteht – entgegen der Organschaft im Umsatzsteuerrecht – nur durch aktives Zutun der beteiligten Personen. Die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung der Organschaft sind:

  1. Finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft beim Organträger
    Finanzielle Eingliederung bedeutet, dass der Organträger (die Muttergesellschaft) von Beginn ihres Wirtschaftsjahres ununterbrochen über die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft (Tochtergesellschaft) verfügt.
    Bei o.g. Beispiel ist die M-GmbH der Organträger und die T-GmbH die Organgesellschaft.
  2. Als Organträger kommen natürliche Personen und nicht von der Körperschaftsteuer befreite Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmasse in Betracht. Auch eine gewerbliche tätige Personengesellschaft die die Anteile an der Organgesellschaft im Gesamthandsvermögen hält, ist als Organträger möglich.
  3. Es wird ein Gewinnabführungsvertrag für die Dauer von mindestens fünf Jahren Der Gewinnabführungsvertrag muss während seiner gesamten Geltungsdauer auch tatsächlich durchgeführt werden. Lediglich eine vorzeitige Kündigung aus wichtigem Grund ist unschädlich.
    Bitte beachten Sie, dass Voraussetzung für die zivilrechtliche Wirksamkeit eines Gewinnabführungsvertrags die Eintragung im Handelsregister ist. Wichtig ist die Eintragung. Die Anmeldung alleine reicht nicht aus. Problematisch ist dies insbesondere zum Jahresende. Erfolgt die Eintragung des Gewinnabführungsvertrags erst nach dem 31. Dezember, so wir die körperschaftsteuerliche Organschaft erst ab dem Folgejahr wirksam.
  4. Sofern es sich bei der Organgesellschaft nicht um eine Aktiengesellschaft (AG) oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) handelt, ist weitere Voraussetzung, dass die aktienrechtlichen Regelungen entsprechend angewendet werden. Dies bezieht sich einerseits auf die Höhe des abzuführenden Betrags i.S.d. § 301 AktG. Andererseits ist eine sog. dynamischer Verweis auf § 302 AktG

Durchführung der körperschaftsteuerlichen Organschaft

Eine körperschaftsteuerliche Organschaft entsteht meist aufgrund steuerlicher Motivation. Zu beachten ist aber, dass es sich beim Gewinn- oder Ergebnisabführungsvertrag um ein zivilrechtliches Konstrukt handelt. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der handelsrechtliche Jahresüberschuss (und nicht der steuerliche Gewinn) abzuführen ist.

Es ist von hoher Wichtigkeit, dass der vollständige Jahresüberschuss unter Beachtung von § 301 AktG abgeführt wird.

Ausgleichszahlungen an außenstehende Aktionäre

Nach § 304 AktG haben außenstehenden Aktionären – also diejenige Aktionäre, die nicht am Gewinnabführungsvertrag beteiligt sind – einen angemessenen Ausgleichsanspruch. Dieser angemessene Ausgleich wird häufig als Garantiedividende bezeichnet.

Ausgleichszahlungen an außenstehende Aktionäre gehören gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 9 EStG zu den nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben. Die Garantiedividende ist somit außerhalb der Bilanz dem zu versteuernden Einkommen wieder hinzuzurechnen. Ausgleichszahlungen dürfen weder das Einkommen der Organgesellschaft noch das Einkommen des Organträgers mindern.

§ 16 KStG besagt nun, dass diese nicht abzugsfähigen Zahlungen an außenstehende Aktionäre von der Organgesellschaft zu versteuern sind. Die Organgesellschaft hat selbst dann die Ausgleichszahlung zu versteuern, wenn die Ausgleichszahlung selbst durch den Organträger erfolgt. § 16 KStG regelt, dass die Organgesellschaft ihr Einkommen in Höhe von 20/17 der geleisteten Ausgleichszahlungen selbst zu versteuern hat.

Ermittlung des abzuführenden Gewinns

Nach § 301 AktG ist der Höchstbetrag der Gewinnabführung auf den Jahresüberschuss ohne Gewinnabführung abzüglich eines Verlustvortrags, den Betrag der in die gesetzliche Rücklage einzustellen ist und den Betrag der nach § 268 Abs. 8 HGB der Ausschüttungssperre unterliegt begrenzt.

Tabellarisch lässt sich dies wie folgt darstellen:

Jahresüberschuss vor Gewinnabführung

./. Verlustvortrag aus dem Vorjahr

./. Zuführung zur Gesetzlichen Rücklage

./. Einstellung in sonstige Gewinnrücklagen

./. Ausschüttungsgesperrte Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB

= Höchstbetrag der Gewinnabführung

Stolpersteine der körperschaftsteuerlichen Organschaft

Im Bereich der körperschaftsteuerlichen Organschaft gilt es nachfolgend beispielhaft aufgeführte Stolpersteine zu vermeiden. Im schlechtesten Fall führt einer der unten genannten Sachverhalte zu Unwirksamkeit (von Beginn an) der Organschaft.

Dauer des Gewinnabführungsvertrags

Der Gewinnabführungsvertrag ist für eine Mindestdauer von fünf Jahren abzuschließen (und auch tatsächlich durchzuführen). Wird die Mindestlaufzeit nicht eingehalten, so wird die körperschaftsteuerliche Organschaft nicht anerkannt, und zwar von Beginn an. Häufig scheitert die Organschaft hieran. Bitte beachten Sie, dass die Eintragung des Gewinnabführungsvertrags im Handelsregister erforderlich ist. Erfolgt die Eintragung aber nun beispielsweise – aufgrund des hohen Arbeitsaufkommens beim Registergericht zum Jahresende – erst im Januar, so fehlt unter Umständen ein Jahr. Dies nämlich dann, wenn der Gewinnabführungsvertrag fest auf fünf Jahre bestimmt ist. Hierfür kann durch eine so. Verlängerungsklausel bei der Ausfertigung des Gewinnabführungsvertrags vorgebeugt werden.

Eine vorzeitige Beendigung der körperschaftsteuerlichen Organschaft hat grundsätzlich zur Folge, dass die Organschaft von Beginn an nicht anerkannt wird, sofern die Kündigung innerhalb der ersten fünf Jahre erfolgt. Eine Ausnahme besteht jedoch dann, wenn die Kündigung des Gewinnabführungsvertrags aus wichtigem Grund erfolgt. Als wichtige Gründe werden unter anderem angesehen:

  • Veräußerung der Organbeteiligung
  • Einbringung der Organbeteiligung durch den Organträger
  • Verschmelzung oder Spaltung der Organgesellschaft
  • Liquidation der Organgesellschaft oder de Organträgers

Liegt ein wichtiger Grund vor, so wird die Organschaft ab dem Jahr der Kündigung des Gewinnabführungsvertrags nicht mehr anerkannt.

Wird der Gewinnabführungsvertrag erst nach Ablauf von fünf Jahren gekündigt, so fällt die körperschaftsteuerliche Organschaft mit Beginn des Kalenderjahres in dem der Gewinnabführungsvertrag gekündigt wird weg.

Tatsächliche Durchführung des Gewinnabführungsvertrags:

Eine Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung der körperschaftsteuerlichen Organschaft ist, dass der Gewinnabführungsvertrag tatsächlich durchgeführt wird. Tatsächliche Durchführung bedeutet, dass der Gewinnabführungsvertrag so durchgeführt wird wie er abgeschlossen wurde.

Eine Unterlassene Verrechnung des Jahresüberschusses mit vororganschaftlichen Verlusten i.S.d. § 301 Abs. 1 AktG stellt somit einen Verstoß gegen die tatsächliche Durchführung des Gewinnabführungsvertrags dar.

Neben den vertraglichen Vorgaben müssen die gesetzlichen Regelungen eingehalten werden, auch wenn der Gewinnabführungsvertrag hierzu keine eigenständige Regelung enthält. Dies bedeutet beispielsweise, dass sich der Höchstbetrag der Gewinnabführung aufgrund der Änderung des § 301 AktG im Rahmen des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes um ausschüttungsgesperrte Beträge i.S.d. § 268 Abs. 8 HGB vermindert. Der Gewinnabführungsvertrag kann sich nicht über zwingen anzuwendende gesetzliche Anforderungen hinwegsetzen bzw. diese umgehen.

Verzicht auf Verlustausgleich

Ein Verzicht auf den Verlustausgleich i.S.d. § 302 AktG ist ein Verstoß gegen die tatsächliche Durchführung des Gewinnabführungsvertrags.

Maßgeblich ist die handelsrechtliche Rechnungslegung

Bei der körperschaftsteuerlichen Organschaft ist die Organgesellschaft dazu verpflichtet, ihren Jahresüberschuss an den Organträger abzuführen. Im Gegenzug verpflichtet sich der Organträger bei der Organgesellschaft entstehende Jahresfehlbeträge auszugleichen.

Zu beachten ist hierbei stets, dass es sich um den Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag nach der Handelsbilanz handelt. Der Gewinn bzw. Verlust der sich aus der Steuerbilanz ergibt ist für die Gewinnabführung bzw. Verlustübernahme unbeachtlich.

Bilanziell erfolgt die Gewinnabführung bzw. Verlustübernahme durch Einbuchung einer entsprechenden Forderung bzw. Verbindlichkeit. Der Zeitpunkt des Einzugs der Forderung bzw. der Begleichung der Verbindlichkeit ist nicht entscheidend.

Bilanzierungsfehler

Grundsätzlich hat die Organgesellschaft den Jahresüberschuss an den Organträger abzuführen, der bei ordnungsgemäßer Bilanzierung entsteht. Häufig liegen jedoch Bilanzierungsfehler in Bilanzen vor. Der Gewinnabführungsvertrag gilt, c.p. – trotz eines vorhandenen Bilanzierungsfehler – als ordnungsgemäß durchgeführt, wenn:

  1. Der Jahresabschluss wirksam festgestellt wurde
  2. Der Bilanzierungsfehler bei der Jahresabschlusserstellung unter der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns nicht hätte erkannt werden müssen
    Ein Fehler hätte dann nicht erkannt werden müssen, wenn der Jahresabschluss mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk eines Wirtschaftsprüfers versehen wurde. Sofern der Jahresabschluss nicht geprüft wurde, reicht eine Bescheinigung eines Wirtschaftsprüfer oder Steuerberaters über die Erstellung des Jahresabschlusses mit umfassender Beurteilung aus.
  3. Ein von der Finanzverwaltung (bspw. im Rahmen einer Betriebsprüfung) beanstandeter Fehler spätestens in dem nächsten aufzustellenden Jahresabschluss nach der Beanstandung berücksichtigt wird. Die gilt für Fehler, die in der Handelsbilanz zu korrigieren sind.

Es ist somit ratsam, den Jahresabschluss der Organgesellschaft durch einen Wirtschaftsprüfer prüfen zu lassen bzw. mit umfassender Beurteilung durch einen Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater erstellen zu lassen.

Stiller Gesellschafter an der Organgesellschaft

Eine Voraussetzung der körperschaftsteuerlichen Organschaft ist, dass sich die Organgesellschaft dazu verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an den Organträger abzuführen. Im Fall der stillen Gesellschaft ist das nicht der Fall, denn auch der stille Gesellschafter erhält einer Vergütung. Eine GmbH & still kann somit nicht Organgesellschaft sein.

Verfahrensrechtliche Regelungen im Zusammenhang mit der körperschaftsteuerlichen Organschaft

Seit dem 01.01.20x4 werden das dem Organträger zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft gesondert festgestellt. Dieser Feststellungsbescheid ist als Grundlagenbescheid bindend für die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens des Organträgers und der Organgesellschaft. Der Feststellungsbescheid kann durch Einspruch angefochten werden.

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