Heimeranstraße 37, 80339 München 089 2420820

Wirtschaftsprüfer Infothek Steuerberatung Differenzbesteuerung in der Umsatzsteuer

Bei der Differenzbesteuerung handelt es sich um eine Sonderregelung für die Besteuerung von Lieferungen von beweglichen körperlichen Gegenständen, für die kein Recht zum Vorsteuerabzug bestand.
Differenzbesteuerung in der Umsatzsteuer

Die Differenzbesteuerung in der Umsatzsteuer (häufig auch als Margenbesteuerung bezeichnet) bietet für Unternehmer wirtschaftliche Vorteile, wenn Sie Gegenstände ohne Vorsteuerabzug erworben haben und die Umsatzsteuer nicht bzw. nicht vollständig auf den Erwerber überwälzen können.

1. Allgemeines zur Differenzbesteuerung

Bei der Differenzbesteuerung handelt es sich um eine Sonderregelung für die Besteuerung von Lieferungen von beweglichen körperlichen Gegenständen einschließlich Kunstgegenständen und andere Gebrauchtgegenstände, für die kein Recht zum Vorsteuerabzug bestand. Die Anwendbarkeit der Differenzbesteuerung steht dabei grds. allen Unternehmern offen. Das heißt, der Unternehmer muss kein typischer Gebrauchtwarenhändler sein.

Folgende Anwendungsbereiche lassen sich für die Differenzbesteuerung in der Umsatzsteuer beispielhaft nennen:

  • Differenzbesteuerung von gebrauchten PKW
  • Differenzbesteuerung von Kunstgegenständen
  • Differenzbesteuerung von Antiquitäten
  • Differenzbesteuerung von Münzen und Münzsammlungen

2. Voraussetzung für die Anwendung der Differenzbesteuerung

Gesetzlich ist die Differenzbesteuerung in § 25a UStG gesetzlich kodifiziert. Gemäß § 25a Abs. 1 UStG ist die Differenzbesteuerung an folgende drei Voraussetzungen geknüpft:

  1. Der Unternehmer ist Wiederverkäufer und kauft die Ware für sein Unternehmen. Die Differenzbesteuerung findet also dann keine Anwendung, wenn der Widerverkäufer den Gebrauchtgegenstand für private Zwecke erwirbt.
  2. Beim Ankauf der Ware durch den Unternehmer wurde die Umsatzsteuer:
    1. Nicht geschuldet, oder
    2. aufgrund der Kleinunternehmerregelung in der Umsatzsteuer die Umsatzsteuer nicht erhoben, oder
    3. es wurde eine Differenzbesteuerung vorgenommen.
  3. Bei den Gegenständen handelt es sich nicht um Edelsteine oder Edelmetalle. Für solche Gegenstände ist die Differenzbesteuerung ausgeschlossen.

3. Steuersatz und Bemessungsgrundlage bei der Differenzbesteuerung

Steuersatz bei der Differenzbesteuerung ist stets der reguläre Umsatzsteuersatz in Höhe von 19 %. Der ermäßigte Umsatzsteuersatz kommt nicht zur Anwendung. Dies gilt auch für solche Gegenstände, die nach allgemeinen Vorschriften dem ermäßigten Steuersatz unterliegen wie bspw. Kunstgegenstände oder Sammlungsstücke.

Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Umsatzsteuer im Rahmen der Differenzbesteuerung ist die Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis (teilweise auch als Marge bezeichnet). Die Umsatzsteuer ist aus der Differenz herauszurechnen. Die Berechnung der Umsatzsteuer bei der Differenzbesteuerung sei an folgendem Beispiel verdeutlicht:

Nebenkosten, die nach dem Kauf anfallen mindern nicht die Bemessungsgrundlage.

Beispiel:

Ein Autohändler kauft einen gebrauchten PKW für 10.000 Euro von einer Privatperson. Nach Kauf des PKWs erfolgt eine Reparatur in Höhe von 1.000 Euro. Der PKW wird schließlich für 12.000 Euro weiterverkauft.

Die Umsatzsteuer bemisst sich nun wie folgt:

Verkaufserlös:    12.000 Euro
./. Einkaufspreis 10.000 Euro
= Differenz      2.000 Euro

Die Umsatzsteuer wird aus dem Betrag herausgerechnet 2.000 Euro/1,19 = 1.680,67 Euro. Die Umsatzsteuer berechnet sich mit 19 % aus 1.680,67 Euro = 319,33 Euro. Die Reparaturkosten fließen nicht in die Bemessung der Differenz und somit in die Bemessung der Umsatzsteuer ein.

Übrigens: Lässt sich der Kaufpreis eines Kunstgegenstandes nicht ermitteln oder ist der Einkaufspreis unbedeutend, so beträgt die Bemessungsgrundlage für die Differenzbesteuerung als 30 % vom Verkaufspreis.

Beispiel:

Der Verkaufspreis eines Gemäldes beträgt 500 Euro. Der Einkaufspreis lässt sich nicht ermitteln. Die Bemessungsgrundlage für die Differenzbesteuerung beträgt 30 % von 500 Euro = 150 Euro. Die Umsatzsteuer ist herauszurechnen 150 Euro/1,19 = 126,05 Euro. Die Umsatzsteuer beträgt 19% von 126,05 Euro = 23,95 Euro.

4. Einzeldifferenzbetrachtung bei der Differenzbesteuerung

Grundsätzlich ist bei der Differenzbesteuerung in der Umsatzsteuer die Einzeldifferenzbetrachtung anzuwenden. Dies bedeutet, dass die Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis für jeden (gebrauchten) Gegenstand individuell zu berechnen ist.

Die Bemessung der Umsatzsteuer nach der Gesamtdifferenzbetrachtung ist dann zulässig, wenn der Einkaufspreis des Gegenstandes 500 Euro nicht übersteigt. Bei der Gesamtdifferenzbetrachtung wird die Differenz für den gesamten Besteuerungszeitraum bemessen.

Beispiel zur Anwendung der Gesamtdifferenzbetrachtung bei der Differenzbesteuerung:

Ein Münzhändler erwirbt eine Münzsammlung zu einem Gesamtkaufpreis in Höhe von 4.000 Euro. In dieser Münzsammlung ist eine sehr wertvolle Münze mit einem Wert in Höhe von 1.500 Euro enthalten. Alle übrigen Münzen liegen wertmäßig jeweils deutlich unter 500 Euro.

Hinsichtlich der besonders wertvollen Münze ist der Einkaufspreis individuell mit 1.500 Euro zu dokumentieren. Bezüglich der anderen Münzen mit einem Gesamtwert von 2.500 Euro sind keine weiteren Aufzeichnungen erforderlich, insbesondere ist der Einkaufspreis nicht auf die einzelnen Münzen zu verteilen. Der Wert jeder Münze liegt unter 500 Euro. Die Gesamtdifferenzmethode kann somit angewendet werden. Der Einkaufspreis (für die übrigen Münzen) beträgt 2.500 Euro.

5. Besonderheiten bei der Rechnungserteilung im Zusammenhang mit der Differenzbesteuerung in der Umsatzsteuer

Der veräußernde Unternehmer darf keine Umsatzsteuer auf der Rechnung ausweisen. Erfolgt eine gesonderter Umsatzsteuerausweis auf der Rechnung, so wird einerseits die Umsatzsteuer aufgrund der Differenzbesteuerung und andererseits die Umsatzsteuer aufgrund des gesonderten Steuerausweises geschuldet. Es liegt somit eine Doppelbelastung mit der Umsatzsteuer vor.

Sehr wichtig ist, dass auf der Rechnung ein gesonderter Vermerk über die Anwendung der Differenzbesteuerung ersichtlich ist.

"Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung", "Kunstgegenstände/Sonderregelung“ oder "Sammlungsstücke und Antiquitäten/Sonderregelung"

Zwar urteilte das FG Düsseldorf mit Urteil vom 23.05.2014 - 1 K 2537/12 U, dass die Anwendung der Differenzbesteuerung auch ohne expliziten Hinweis auf der Rechnung möglich ist. Zu beachten ist jedoch, dass sich das Urteil auf die Anwendung der Differenzbesteuerung im Jahr 2006 bezieht. Die Anforderungen an die Rechnungserteilung im Zusammenhang mit der Differenzbesteuerung wurden mit dem Amtsrichtlinien-Umsetzungsgesetz aus dem Jahr 2013 nochmal verschärft. Es ist nun ein expliziter Hinweis auf die Anwendung der Differenzbesteuerung erforderlich.

6. Folgen beim Erwerber der Gebrauchtgegenstände bei Anwendung der Differenzbesteuerung

Wird eine (gebrauchte) Ware unter Anwendung der Differenzbesteuerung verkauft, so kann der Erwerber – auch wenn er grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre – aus diesem Vorgang keine Vorsteuer ziehen. Dies gilt auch dann, wenn der Veräußerer fälschlicher Weise auf der Rechnung offen Umsatzsteuer ausweist.

7. Dokumentationserfordernisse bei Anwendung der Differenzbesteuerung

Der Unternehmer hat gesonderte Aufzeichnungen über die Anwendung der Differenzbesteuerung zu führen. Wendet der Unternehmer neben der Differenzbesteuerung auch noch die reguläre Umsatzbesteuerung an, so sind jeweils getrennte Aufzeichnungen erforderlich.

Im Rahmen der Differenzbesteuerung ist insbesondere folgendes zu dokumentieren:

  • Verkaufspreis der Gebrauchtgegenstände
  • Einkaufspreis der Gebrauchtgegenstände
  • Die hilfsweise Bemessungsgrundlage in Höhe von 30 % (soweit relevant)
  • Voraussetzungen und Umsetzung der Gesamtdifferenzbetrachtung

8. Weitere Besonderheiten bei der Differenzbesteuerung

Die Differenzbesteuerung kann nicht angewendet werden, wenn der gebrauchte Gegenstand innergemeinschaftlich erworben wurde und auf diesen Vorgang die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen im Herkunftsland angewandt wurde.

Die Differenzbesteuerung ist auf die innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs nicht anzuwenden.

Sofern die Gebrauchtgegenstände nach der Differenzbesteuerung besteuert werden, können diese nicht nach § 4 Nr. 1 i.S.v. § 6a UStG als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei sein.

9. Verzicht auf die Anwendung der Differenzbesteuerung

Ein Verzicht auf die Anwendung der Differenzbesteuerung ist bei jeder einzelnen Lieferung möglich. Bitte beachten Sie in diesem Fall die getrennten aufzeichnungspflichten.

© 2024 Marcus Streit, M.Sc., Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, München | Impressum I Datenschutz | Cookie-Einstellungen